Abgeschickt von ~Clemens am 03 Juli, 2004 um 19:42:24:
Antwort auf: Re: Alptraum Wilbers-Federbein und kein Ende von Guido am 03 Juli, 2004 um 18:09:15:
: Kann hier vielleicht mal jemand versuchen, dass Gefühl auf einem guten Federbein in Worten zu beschreiben?
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Die beste Sozia von allen behauptet immer, mit den Gefühlen hätt' ich's nicht so!
Ich probier's deshalb lieber auf 'ner sachlichen Ebene. :)
Das Federbein sollte - korrekt eingestellt - so etwa 30% des Federweges zusammensinken, wenn es statisch belastet ist.
Manche Fahrer bevorzugen eine Federhärte, bei der dies solo ohne jede Vorspannung der Fall ist. Das ist dann die maximal
verwendbare Federrate - alles härtere führt solo zu einem zu geringen Negativfederweg = abhebendem Hinterrad. Andererseits
bietet diese Feder die größten Reserven für zusätzlich aufgepackelte Beladung (die bei meiner Bj.88 ja genau das Leergewicht
nochmal draufsetzt). Ich persönlich bevorzuge es etwas weicher und muß auch solo die Feder etwas vorspannen.
Für zusätzliche Beladung bräuchte es, wenn man's genau nimmt, eine härtere Feder. Verändern können wir jedoch nur die Vorspannung
und evtl. die Druckstufendämpfung.
-> Wenn Du solo die korrekte statische Einfederung einstellen kannst, kann die Feder für Soziusbetrieb niemals zu hart sein.
Ein gutes Federbein ist eines,
- das gut anspricht (kein Losbrechmoment)
- bei dem die Dämpfung funktioniert.
Basta - ferdich!
Wenn man's besser machen will, kann man
- mit einem Ausgleichsbehälter oder sonstwie verbesserter Kühlung dafür sorgen, daß die Dämpfung auch nach stundenlanger Buckelpiste unbeeindruckt ihre Arbeit tut
- mit diversen Klickrädchen Einflußmöglichkeiten auf Zug- und Druckstufendämpfung geben
- mit einer nicht-linearen Dämpferkennlinie dafür sorgen, daß das Federbein zunächst mal schnell einfedern kann, ohne von der Dämpfung behindert zu werden (BMW WAD = wegabhängige Dämpfung)
- das Federbein zerlegbar und damit reparabel gestalten
Vorrausgesetzt, das mit den solo 30% klappt bei Dir, dann ist entweder
- das Losbrechmoment zu groß (ungenaue Fertigung, zu enge Passungen, krumme Kolbenstange) oder
- die Druckstufendämpfung viel zu hart oder "verstopft"
Wenn's beim Ausfedern "an den Endanschlag knallt", dann ist jegliche Zugstufendämpfung abhanden gekommen.
-> Das Ding hört sich für mich dodaal kabudd an. Entweder es hat sein Öl irgendwo hingepumpt, wo's nicht mehr dran kommt - oder es ist kein's drin!
Ich weiß nicht, was das Wilbers-Bein für 'ne Konstruktion ist, aber nicht alle Federbeine darf man überkopf einbauen.
Bei Zweirohrdämpfern - wie beispielsweise den berühmten Konis - gehört das dicke Ende nach unten.
Um zum Schluß dann doch noch etwas aus meinem Gefühlsleben zu plaudern:
Solo ist mein WhitePower mit Ausgleichbehälter nicht gerade eine Sänfte, paßt aber gut für 'ne verschärfte Gangart.
Wenn's auf topfebener Autobahn z.B. über ein Brückenlager geht, wünsche ich mir manchmal schon etwas mehr 'Filterung'.
Zu zweit verwöhnt es dann schon auch mit gutem Komfort und läßt sich auch mit viel Gepäck noch so abstimmen, daß schnelle Etappen ohne Bauchtänze möglich sind.
Sobald das Motorrad auf Holperstrecken ruhig liegt, nicht aufschaukelt und auch nicht mit springendem Rad an meinem kostbaren Kardan rumhackt, bin ich zufrieden.
Fahrdynamisch hat die Federung übrigens die Aufgabe, die Radlastschwankungen in Grenzen zu halten - der daraus resultiernde Komfort ist - vom technischen Standpunkt - eigentlich nur ein Abfallprodukt.
Sie soll also dafür sorgen, daß - egal was von unten an Auf- und Abbewegungen kommt, das 'Restmotorrad' auf konstanter Höhe bleibt.
-> endlose Federwege - Null Federkraft
Dem steht entgegen, daß sich die Fahrwerksgeometrie - etwa beim Bremsen - nicht zu sehr verändern darf.
-> Null Federweg - unendliche Federkraft : Starrrahmen
Es ist also - wie immer - ein guter Kompromiß gefragt - und was das ist, darüber hat jeder seine eigene Meinung.
Gruß,
Clemens